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Der schönste Kleingarten des Nordens: Lüneburg.

Ich finde, Du solltest Dich meiner Meinung anschließen

Es war die alles entscheidende Frage am finalen Drehtag von “Der schönste Kleingarten des Nordens”. Die Spatzen pfiffen sie bereits seit Tagen von den Laubendächern der Republik: Sind die Hände von Doris und Rolf wirklich miteinander verwachsen? Und, das Undenkbare denkend, was würde passieren wenn sie sich loslassen und einander in Trennung freie Hand gewähren?

Traue keinem Ort, an dem kein Unkraut wächst

Nach den Gartenparks in Neubrandenburg und Lübeck und dem anarchistischen Gegenentwurf in Hamburg fanden wir nun in Lüneburg einen zweigeteilten Park vor. Zwei Welten. Eine die man sehen und an der man teilhaben konnte und eine hinter hohen Holzzäunen verborgene, in der man gerne seine Ruhe haben möchte.

Der öffentliche Teil ist derjenige, auf dem für alle sichtbar die kleingärtnerische Nutzung betrieben wird. In sehr gerade ausgerichteten Beeten und einem Gewächshaus waren Gurken, Tomaten, Bohnen & Co zu bewundern. Auch Kräuter fanden wir in ausreichender Zahl, selbst wenn diese, wie bei Thymian und Rosmarin, falsch beschriftet waren. Das kann im besten Blumenladen passieren.

Einiges an Blumen und Stauden lockerten den ansonsten etwas beengten Eindruck auf. Von Wildwuchs allerdings keine Spur…

Auffällig war, dass kein einziger Millimeter an Bodenfläche in seinem natürlichen Zustand belassen wurde. Alles war entweder Beetfläche, bemulchter Weg oder eine Mischung aus beidem. Positiv beeindruckt hat mich der Komposthaufen in dem man die einzelen Schichten akkurat, fast im Winkel ausgerichtet, bewundern konnte. Das sah aus wie ein fein säuberlich geschmiertes Sandwich.

Mir fehlte es an Grün und an Wildheit. Es gab beispielsweise keinen Rasen oder ein Stück Wiese, nirgends. Auch Unkraut war nicht vorhanden, der Garten wirkte auf mich seltsam zubetoniert. Dies könnte mit der Packung “Unkraut weg” erklärt werden, die an anderer Stelle des Gartens zu bestaunen war.

Was mich ein wenig an die Kita unserer Tochter erinnerte, war die Tatsache, dass viele Dinge ein wenig zu klein geraten waren. Das Rosentor auf dem Bild beispielsweise konnte ich nur gebückt durchschreiten … für Rolf und Philipp hingegen war noch gut ein halber Meter Platz.

Und … tja … umso weiter man nach hinten in den Garten schritt, umso mehr war die Handschrift von Doris erkennbar. Dekowahn. Hannes Gesicht als ihr alle paar Meter ein Kalenderspruch präsentiert wurde: Un.be.zahl.bar.

Nimmt man alles zusammen; die Kompletbebauung, das Miniaturwunderland und den Dekowahn, landet man in einer Welt, die sicher nicht Jedermanns Sache ist. Aber, und auch das gehört zu dem was ich wahrgenommen habe, der Garten ist definitiv individuell und mir auf den zweiten Blick gar nicht mal so unsympathisch.

No Strangers, please!

And now for something completely different, um mit Monty Python zu sprechen: Willkommen im kameraüberwachten Steingarten!

Diese exklusive Welt betreten die VIP-Mitglieder durch eine Tür in den Holzwänden. Tür zu, Welt raus. Nachdem man am imaginären Türsteher vorbeigekommen ist, geht es in einer Kurve an einem Teich vorbei bergab. Linkerhand befindet sich ein Strandkob direkt am Teich. Der Weg führt weiter an einer tatsächlich noch unbebauten Fläche entlag zur Terrassen-Lauben-Betonnage.

Hier wird nichts mehr angebaut. Nur Stein, Blumen, Teich und das Surren der solarbetriebenen Wasserpumpe. Irgendwie habe ich meine Flugzeuge vermisst.

In der Dunkelkammer

Auch die Laube repräsentiert den Mehrere-Welten-Ansatz: Der Wohnbereich ist aufgrund weniger Fenster recht dunkel. Der kleine Raum ist komplett neu gemacht und beherbergt eine Küchenzeile. Ich vermute, dass Doris-Rolf sich dort nicht allzu häufig aufhalten, es sei denn, sie möchten Fotos entwickeln. Doris-Rolf sind klassische Draußenmenschen.

Geht man wieder hinaus und kurz ums Eck, stößt man auf weitere Räume des Gebäudes. Hierbei handelt es sich um eine Abseite für Werkzeuge, einen Toilettenraum inklusive Campingtoilette und meinen persönlichen Lieblingsraum: die Werkstatt von Rolf. Wobei der Begriff Werkstatt vielleicht ein wenig übertrieben formuliert ist. Aber, und deswegen hätte ich mich darin auch Stunden verlieren können, auf diesem einen Quadratmeter roch es nach Arbeit, Werkzeug lag herum, überall kleine Schubladen mit Schräubchen und Gedöns. Hier durfte Rolf Rolf sein: Herrlich! Überhaupt, und das war eine weitere positive Erkenntnis, muss man sagen, dass Rolf regelrecht aufblühte.

Insgesamt war es wohl der Garten, der den größten Gegensatz zu meinem darstellt. Alles sehr komprimiert und eng weil nirgends Platz zum Atmen blieb. Zudem war dieses ganze Dekozeuch definitv überhaupt nicht mein Ding. Und was ich am wenigsten mochte, war die Aufteilung in zwei Welten, in ein Drinnen und Draußen bzw. ein Willkommen und ein Nicht Willkommen.

Zugleich war es aber auch der Garten, der meinem auf abstruse Art und Weise am nächsten kam. Doris und Rolf haben Ideen, die dann auch zügig umgesetzt werden. Über Geschmack lässt sich ja immer prima streiten. Der Garten war nicht übertrieben öko, stylisch oder irgendwie aufgesetzt, sondern einfach Doris-Rolf … Punkt. Authenzität ist das Stichwort. Eine Eigenschaft, die mir extrem sympathisch ist. Und so war es einfach der perfekte Schlusspunkt einer erfahrungsreichen und schönen Fernsehreise für mich.

Ach so, gewonnen hat den Wettbewerb der Garten von Daniel. Und das auch völlig verdient!

Mein Stammplatz auf Gruppenfotos. Abseits.
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